Sellin auf Rügen im Winter (2008)

Im Sommer ist auf Rügen ja sicher immer die Hölle los.
Aber was ist mit der nassen und kalten Nebensaison im November? Wir haben uns an einem kalten Wochenende 2008 kurzerhand aufgemacht dieses von Berlin aus als langes Wochenende testen.

Vorweggenommen: Es war prima!

Über die neue A20 und den Rügendamm ist man sehr schnell auf der Insel. Über Bergen geht es dann über die baumbestandene B196 bis nach Sellin.

Sellin wird selber glücklicherweise nicht durch diese Landstraße durchschnitten, sondern liegt linkerhand Richtung Küste. Je nach Quartier biegt man kurz vor der querenden Kleinbahn links über die Gleise in die Hauptstraße ein, oder später am Kleinbahnbahnhof in die Ostbahnstraße. Zwischen diesen beiden Einfahrten liegt der Seepark und darin das Erlebnisbad. Weitere Infos zum Ort unter http://www.ostseebad-sellin.de .

Wir hatten vorher ein Quartier gebucht. http://www.Hrs.de und http://www.hotel.de bieten dazu verschiedene Hotelvarianten mit Ü/F an. Die Winterangebote vom Mecklenburger Tourismusportal ("DZ für 59 € inkl. Frühstück für 2 Personen") boten 2008 leider Sellin-Ort gar nicht an. Doch über ein Hotelportal haben wir für nur 58 €/DZ ein schönes Appt. mit Frühstück bekommen, und zwar direkt an der Wilhelmstraße, die als direkter Zugang zum Hauptstrand auf die Seebrücke zuführt.

Für Selbstanreiser ohne vorherige Buchung: Viele Häuser haben geschlossen oder öffnen erst wieder zu Weihnachten/Silvester. Doch ein Quartier findet sich überall, Hinweistafeln weisen vor den Häusern freie Quartiere aus. Besser ist aber immer vorab zu buchen.

Auch wichtig zu wissen: Sellin erhebt in der Nebensaison pro Person und Tag ca. € 1,20 Kurbeitrag. Man erhält dafür eine Gästekarte, die zur Inanspruchnahme verschiedener Leistungen berechtigt. Genaueres auf der website http://www.ostseebad-sellin.de .

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Unsere Anreise war nachmittags. Entsprechend sind wir erst mal in der einsetzenden Dunkelheit durch den Ort bummeln gegangen, dessen hervorragend restaurierten Häuser der alten Bäder- und Kaiserzeit im satten Weiß erstrahlen und teilweise wunderbare alte Holzbalkone aufweisen. Der Weg führte die Wilhelmstraße hoch Richtung Küste. Im Gegensatz zu den anderen Orten der Insel wie Binz liegt Sellin hoch oben auf der Steilküste.
Kommt man nun zum Ende der Wilhelmstraße, tut sich auf einmal vor einem in 40 m Tiefe der Strand auf -und davor mitten im Wasser die erleuchtete Seebrücke auf. Ein fantastischer Anblick!

Für mobile Menschen (für weniger mobile es gibt eine Art Standseilbahn!) sind die Treppen runter zum Strand und zur Seebrücke und dem Meer entgegen eine schöne Art hier anzukommen.
Auf der Seebrücke haben wir im schönen Ambiete des Restaurant "Palmengartens" erst einmal einen Cappucino genossen (€ 2,80), den tropischen Fischen im Meerwasseraquarium zugeschaut und beim Zeitungslesen abgespannt. Der aufmerksame Service war stets präsent und wir hätten sicher auch noch ein Stück Kuchen verdrückt, der schon lecker im Vorraum auf Gäste wartete. Doch bis zum Abendessen war es zu knapp.
Dafür haben wir uns noch nebenan den "Kaisersaal" angeschaut, zweistöckig, mit rustikalen Holztischen, alten Holzstühlen und nett eingedeckt. Und uns entschieden, dort auch einmal das Abendessen auszuprobieren.

Um es vorweg zu nehmen: Wir saßen dann auch einmal abends oben im Saal, schauten auf das dunkle Meer hinaus und genossen Granitzer Wildkeule (€ 14,90) und Tagliatelle Salmone (€ 8,90), die beide sehr schmackhaft waren. Insbesondere die gepfefferten Kirschen zum Wild waren kulinarisch eine Offenbarung und werden sicher bei mir demnächst Eingang in meine Küchenkünste finden. Zusammen mit dem 0,4l Spezi (€ 4,-) und dem Wernesgrüner Pils 0,5 l (4,00) kamen wir auf 31,80 €, waren sehr satt und hatten die ganze Zeit einen erstklassigen und aufmerksamen Service am Tisch. Kann man jedem nur empfehlen.

Der nächste Tag war dem Laufen verschrieben. Das Wetter besserte auf, die Sonne ließ sich teilweise blicken, und in „Ostsee-Standardkleidung“ (bequeme Laufschuhe, Jeans, warmer Pulli, darüber wasserdichte Outdoorjacke, Wollmütze) haben wir uns auf den Weg nach Binz gemacht. Über die Steilküste wird der Weg als Wanderweg mit 7,5 km ausgewiesen.

Unser Versuch, das Ganze am Fuß der Steilküste sozusagen entlang des Strandes zu starten, scheiterte nach einigen hundert Metern. Der Fuß der Steilküste ist nicht etwa Sandstrand, sondern größtenteils mit faustgroßen bis Handballgroßen Steinen gepflastert und durchsetzt. Auf denen trotz guter Trekkingschuhe 7,5 km zu balancieren war dann doch nicht so unser Ding, so dass wir zum Ort zurückgekehrt, die Treppen wieder hochgestiegen und hier auf den ausgeschilderten Höhen-Klippenweg eingebogen sind.

Hoch und runter geht es nun durch Buchenwald, immer wieder hat man tolle Ausblicke zum Strand, zu den Kreidefelsen und nach Prora und Mukran. Bis Binz kommt auf dem Weg aber im Wald keine Gastronomie. Also besser etwas zu Trinken und Essen mitnehmen ist nicht verkehrt. Dafür gibt es in Sellin alleine 3 Bäcker für einen Einkauf vor Start der Tour.

Auch feste Profilschuhe sind empfehlenswert, da es teilweise in laubgefüllten Sand- Rinnen bergauf und bergab geht, in denen man sonst schnell ins Rutschen kommt. Die Granitz, durch die man hier wandert und die auch das Jagdschloss gleichen Namens beherbergt, ist übrigens Naturschutzgebiet.

Wir sind so nach 2,5 h am Ortsrand von Binz direkt am Strand rausgekommen.
Direkt am Strandrand in den kleinen Dünen ist eine Fischräucherei, in der man entweder zum Mitnehmen frische Fischbrötchen bekommt oder auf der Terrasse Fischgerichte und ein kühles Pils genießen kann. Sehr nett dort.
Unser Weg führte dann in die Fußgängerzone von Binz. Hier sind die meisten Läden auch in der Nachsaison offen und es ist ne Menge los.

Wir wollten unbedingt nicht mit dem Bus, sondern mit dem alten Dampfzug "Rasender Roland" nach Sellin zurückfahren.
Dazu muß man die Fußgängerzone runter und entlang der Bahnhofstraße links bis zum Kleinbahn-Bahnhof laufen. Hierfür sollte man 20 min einkalkulieren, da der Bahnhof am Ortsrand liegt! Wir sind das letzte Stück unfreiwillig gerannt, denn kurz vor dem Ziel fuhr der "Rasende Roland" schon pfeifend in den Bahnhof ein.
Im Winter fährt der Zug, von Putbus kommend, alle 2 h nach Sellin. Fahrplan unter http://www.ruegensche-baederbahn.de/fahrplaene.html

Meine Begleitung verzog sich in das bullig warm geheizte Abteil des historischen Wagens, während der Autor der Abfahrt auf dem Perron harrte. Mit donnerndem Hall setze sich der dampflokbespannte Zug dann in Bewegung und erklomm in vielen Windungen die Granitz, um nachher wieder die laubbedeckten Windungen nach Sellin hinunter zu fahren. Jedes Pfeifen, jedes Donnern der Lok vorne ein Konzert für Dampflokfans. Und die Dampfentfaltung im grauen Novemberwetter gewaltig und hervorragend für Fotos. Die einfach Fahrt kostete 3,20 € und ist für dieses technische Denkmal im Regelbetrieb allemal sein Geld wert. Alle weiteren Infos und Fahrpläne dazu unter http://www.ruegensche-baederbahn.de

In Sellin angekommen, hätte man gleich im Kleinbahnbahnhof zu zivilen Preisen in der dortigen gemütlichen Gastronomie essen gehen können.

Wir haben aber etwas ausgespannt, einen Blick in das Freizeitbad geworfen (3 h mit Sauna € 14,- ( Infos zu finden unter http://www.inselparadies.de ) und haben dann das Abendessen später in Angriff genommen.

Wer an der Küste ist, muß natürlich auch mal Fisch von dort genießen.
Insofern führte uns unser Weg in das Restaurant "Fischerstube" in der Warmbadstraße nahe dem Kurhaus. Der Gastraum ist sehr gemütlich eingerichtet und fast schon teilweise etwas überladen mit Details und Dekostücken.
Hier werden Gerichte zwischen 11-16 € angeboten. Wir nahmen in der Eisenpfanne gebratene dreierlei Fische mit Bratkartoffeln und Ei (€ 14,-) und waren nachher angenehm gesättigt, so dass noch ein Abendspaziergang durch den ruhigen Ort nötig wurde.

Einmal "um den Pudding" und wir waren wieder unten am Beginn der Wilhelmstraße, wo sich im alten Postamt die "Brasserie" befindet, in der man gemütlich etwas trinken und auch noch Flammkuchen und weiteres essen könnte.
Wie es auch noch weitere geöffnete Restaurants im November in Sellin gibt und man sich also je nach Geldbeutel und Geschmack etwas aussuchen kann.

Neben dem Freizeitbad in der Neubausiedlung ist auch ein Supermarkt, so dass man eigentlich nix mitschleppen muss.

Unser Kurzurlaub endete am Sonntag nach dem Frühstück mit dem Auschecken und der anschließenden Fahrt über die schöne "Deutsche Alleenstraße" nach Putbus.

Hier sehenswert die Gärten und Gebäude derer zu Putbus (allerdings nur bei gutem Wetter) und am Bahnhof Putbus unten im Ort die ganzen abgestellten Dampfloks, Wagen, Sonderfahrzeuge und die im Einsatz befindlichen Dampf-Lokomotiven beim Bekohlen und Wasserfassen, denn hier ist das Bahnbetriebswerk der Schmalspurbahn (Bahnhof ist ausgeschildert) .
Ein Schmalspurmuseum ergänzt das Bahnhofsgelände. Parken kann man neben der Tankstelle (bei der Tankstelle ist das Parkticket zu zahlen).
Leider gibt es bisher noch keine Besucherplatform für Bahnfans, aber evtl. wird das dieses Jahr noch nachgeholt. Denn auf das Gelände des BW darf man nicht rauf. Und von den Bahnsteigen aus sieht man zu wenig...

Wenn man jetzt noch Zeit hat, könnte man Stralsund mit seiner Altstadt und das neue Stralsunder Ozeanum besuchen (ca. € 14 Eintritt, 500.000 Besucher seit Eröffnung vor wenigen Monaten).

Oder auf der A20 zurück nach Berlin reiten. Aber Achtung: Bei der A20 wurde vergessen Raststätten oder Autohöfe zu bauen! Nix mit einem Espresso oder Rast oder Tanken an der Autobahn. Das ist erst auf der Autobahn Stettin-Berlin wieder möglich- aber hier auch nicht wirklich berauschend....
Warum noch kein AXXE oder andere hier investiert haben, ist schleierhaft.

Am besten deswegen es wir machen: Kurz vor dem Rügendamm in Rambin ist die rote "Pommernkate" direkt an der Bundesstraße 96 , in der man Würste, Marmeladen, Kunsthandwerk, Räucherfisch und vieles mehr je nach Saison erwerben und auch etwas essen kann (http://www.altepommernkate.de ) . Hier gut essen, Kaffee trinken und ab danach "in einem Zug" auf der Autobahn nach Berlin durchreiten. Und vorher tanken. Denn auch kaum Tankstellen an der A20…
Rügen in der Nebensaison? Wir kommen bestimmt noch mal wieder!
Denn was haben wir alles noch nicht gesehen:
Mühlenmuseum Altensien, Rundfahrt entlang der Küste, Göhren und Baabe, "Eisenbahn- und Technikmuseum" in Prora am Bahnhof (April-Oktober 10-17 Uhr), ....